Liquiditätsplanungen in der Unternehmenskrise – Konkretisierung der Rechtsprechung zu den Anforderungen

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19.12.2017 (II ZR 88/16) seine Anforderungen an eine Liquiditätsplanung präzisiert.

Eckpunkte der Entscheidung

Eine Prüfung der Zahlungs(un)fähigkeit im Sinne des § 19 InsO setzt neben der statischen Liquiditätsbilanz auch voraus, dass eine Liquiditätsplanung, also eine Analyse der weiteren Liquiditätsentwicklung für mindestens 3 Wochen erstellt wird. Im Rahmen dieser Planung war bisher umstritten, welche Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.
Während einige Stimmen lediglich auf den Verbindlichkeitenstand zum Stichtag der Liquiditätsbilanz (sog. Passiva I) abstellten (so z.B. G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 158 ff.; Becker/Jansen/Müller, DStR 2009, 1660, 1661; Bruns, EWiR 2005, 767, 768), wurde auch schon in der Vergangenheit oft darauf verwiesen, auch die sog. Passiva II seien in die Liquiditätsplanung einzubeziehen. Hierbei handelt es sich um Verbindlichkeiten, die erst über den Planungshorizont fällig werden bzw. auch erst in diesem Zeitraum entstehen,
Nach der ersten Variante wurde billigend in Kauf genommen, dass das Unternehmen ggf. permanent eine Welle von Verbindlichkeiten vor sich her schiebt. Hieraus wurde in der Praxis der Begriff der „Bugwellentheorie“geprägt.
Das IDW hat schon vor der aktuellen Entscheidung des BGH in dem derzeit gültigen Standard S11 zur Feststellung von Insolvenzgründen die sichere und betriebswirtschaftlich konsequente Sicht vertreten, dass sowohl die Passiva I als auch die Passiva II in der Liquiditätsplanung zu betrachten sind (Rz 33-35 des Urteils).
Der BGH hat nunmehr ausdrücklich darauf verwiesen, dass in der bisherigen Rechtsprechung diese Frage nicht ausdrücklich beschieden sei und sich im konkreten Urteil gegen die Bugwellentheorie entschieden. Für die Einbeziehung der Passiva II spricht zum einen das Ziel der Insolvenzordnung, über möglichst frühzeitige Insolvenzanträge auch die Sanierungschancen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu erhöhen. Zum anderen ist auch im Rahmen der Prüfung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auf die Unternehmensentwicklung im Ganzen, also einschließlich der künftigen Aktiva und Passiva, abzustellen. Eine Außerachtlassung der Passiva II im Rahmen der Feststellung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit wäre inkonsequent. Ferner führt der BGH zu Recht an, dass auch die Aktiva II, also die in den 3 Wochen nach dem Stichtag des Liquiditätsstatus zu liquidierenden Vermögenswerte, in die Zahlungs(un)fähigkeitsprüfung einbezogen werden. Dies ist auch bisher in Rechtsprechung und Literatur unumstritten.

Fazit und Folgen für die Praxis

Die Klarstellung des BGH bezüglich der Ermittlung einer Zahlungs(un)fähigkeit zeigt erfreulich deutlich, dass die Prüfung nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen Erwägungen zu erfolgen hat.
Damit ist auch klar, dass eine Zahlungs(un)fähigkeitsprüfung, die nach dem Standard S11 des IDW erstellt wird, den Anforderungen der Rechtsprechung genügt.
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