Die Regelungen zur „präventiven Restrukturierung“ sind in Kraft getreten – es bleibt abzuwarten, welche Unternehmen überhaupt von dieser neuen Sanierungsmöglichkeit Gebrauch machen

Der Gesetzgeber hat mit dem StaRUG den gesetzlichen Rahmen für ein Sanierungsverfahren außerhalb des Insolvenzverfahrens geschaffen. Das Ziel, dieses Verfahren schnellstmöglich zum 01.01.2021 auf den Weg zu bringen, damit gerade auch in der aktuellen Corona-Pandemie Unternehmen diesen Weg der Restrukturierung beschreiten können, ist zunächst einmal gelungen.

Im Vergleich zur letzten Entwurfsfassung hat der Gesetzentwurf einige Anpassungen erlebt; erfreulich ist hier sicherlich, dass die ursprünglich vorgesehene gesetzliche Haftung des Geschäftsleiters (siehe hierzu auch unsere News vom 07.11.2020) wieder gestrichen ist. Auch eine vorzeitige einseitige Vertragsbeendigung analog der Möglichkeiten im Insolvenzverfahren ist im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses letztlich wieder verschwunden.

Allerdings stellt sich weiterhin die Frage, für welche Unternehmen das neue Sanierungsverfahren überhaupt in Betracht kommt.

 

Die Eckpunkte des StaRUG im Überblick

1. Zugangsvoraussetzungen

Grundsätzlich kann jedes insolvenzfähige Unternehmen ein solches präventives Restrukturierungsverfahren durchlaufen. Um einen Missbrauch der Möglichkeiten dieses Verfahrens zu verhindern, ist aber eine Krisennähe erforderlich, so dass die Möglichkeiten dieses neuen Verfahrens von Unternehmen beansprucht werden können, die drohend zahlungsunfähig, aber noch nicht überschuldet sind. Von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit spricht man, wenn das schuldnerische Unternehmen aktuell noch alle Verbindlichkeiten bei Fälligkeit begleichen kann, sich dies aber wahrscheinlich innerhalb der kommenden 24 Monate ändern wird. Damit ist das Verfahren besonders geeignet für Unternehmen, die beispielsweise Mezzanine-Kapital akquiriert haben, das zum Ende des kommenden Jahres zur Rückzahlung ansteht, aber nach aktueller Erkenntnis nicht zurückgezahlt werden kann.

In der aktuellen Corona-Situation wird es zudem viele Unternehmen geben, die KfW-Mittel mit tilgungsfreien Anlaufjahren (z.B. den Schnellkredit) beantragt haben. Wenn nun die Corona-bedingten Beschränkungen länger andauern als geplant oder auch die wirtschaftliche Erholung nach Corona nicht in der ursprünglich erwarteten Geschwindigkeit erfolgt, kann das präventive Restrukturierungsverfahren der richtige Weg sein, den mit Einsetzen der Tilgung zu erwartenden Zahlungsproblemen frühzeitig professionell zu begegnen.
Unternehmen sollten – wenn sie sich die Möglichkeiten dieses neuen Verfahrens nicht verbauen wollen – jederzeit über eine integrierte Unternehmensplanung für die kommenden beiden Geschäftsjahre verfügen, um einen möglicherweise drohenden Liquiditätsengpass frühzeitig zu erkennen.

Ob dann die Erstellung eines Restrukturierungsplans nach den neuen gesetzlichen Vorgaben der richtige Weg ist oder man den drohenden Problemen anderweitig begegnet, hängt vom Einzelfall ab.

2. Restrukturierungsplan

Die inhaltlichen Anforderungen an Restrukturierungspläne sind denen eines Insolvenzplans nach §§ 217 ff. InsO ähnlich: auch der Restrukturierungsplan soll gemäߧ 5 StaRUG einen darstellenden und einen gestaltenden Teil aufweisen. Im darstellenden Teil sind die Grundlagen und Auswirkungen der Restrukturierung zu beschreiben. Er soll alle Informationen enthalten, die für die Beteiligten, also etwa die Arbeitnehmervertreter, Kreditinstitute, Kunden und Lieferanten für die Entscheidung über den Restrukturierungsplan wichtig sind insbesondere auch die Krisenursachen sowie die Maßnahmen zur Krisenbewältigung, § 6 Abs. 1 S. 2 StaRUG). Damit wird der Restrukturierungsplan den heute schon üblichen Sanierungskonzepten ähnlich sein.

Im gestaltenden Teil (§ 7 StaRUG) werden dann die rechtlichen Änderungen dargestellt, also etwa Verzichte, Stundungen, Umgang mit Sicherungsrechten o.ä. Damit dürfte klar sein, dass das Verfahren für KMU kaum als Sanierungsinstrument geeignet sein wird. Auch das seit Jahren bestehende Insolvenzplanverfahren wird vornehmlich in Großverfahren eingesetzt und ist für viele KMU zu kompliziert.

Die für KMU vorgesehene Checkliste, die in § 16 StaRUG angekündigt ist, ist bisher auf den Seiten des BMJV leider nicht veröffentlicht.

3. Umfang der möglichen Restrukturierungsmaßnahmen

So unterschiedlich wie die Krisenursachen sind auch die möglichen Restrukturierungsmaßnahmen. Änderungen bei den Vermögenswerten und/oder Verbindlichkeiten allein werden die Probleme eines Unternehmens in Krisennähe im Regelfall nicht beseitigen. Daher dürfte es selbstverständlich sein, dass auch organisatorische Maßnahmen Bestandteil von Restrukturierungsplänen sein können und müssen.

Eine einseitige Vertragsbeendigung durch den Schuldner, wie noch in der Entwurfsfassung vorgesehen, ist nunmehr nach vielfältiger Kritik an dieser Regelung nicht mehr Bestandteil des präventiven Restrukturierungsverfahrens.

4. Verbot der Kündigung wegen der Restrukturierung

Im Vergleich zu einer sonstigen außergerichtlichen Sanierung, wie sie bisher auch in vielen Fällen durchgeführt wird, hat der Gesetzgeber für die Unternehmen, die das formale Restrukturierungsverfahren durchlaufen, eine besondere Unterstützung der Sanierungsbemühungen geschaffen: Vertragspartner des Schuldners dürfen Verträge nicht wegen des Restrukturierungsverfahrens kündigen.

Während bei bisherigen Sanierungen oftmals das Risiko bestand, dass insbesondere Dauerschuldverhältnisse spätestens mit der Offenbarung der Krisensituation gekündigt werden, ist dies im präventiven Restrukturierungsverfahren nicht mehr zulässig. Der Gesetzgeber hat konsequenterweise entsprechende Lösungsklauseln in Verträgen in § 46 Abs. 2 StaRUG für unwirksam erklärt.

Selbstverständlich bleibt das Recht des Vertragspartners, aus anderen Gründen zu kündigen, bestehen, etwa bei erheblichem Zahlungsrückstand oder Vertragspflichtverletzungen.

5. Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten

Ein Restrukturierungsbeauftragter wird vom Amts wegen bestellt, wenn durch den Restrukturierungsplan in Rechte von Verbrauchern oder KMU eingegriffen werden soll oder das zu restrukturierende Unternehmen etwa die einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen beantragt, § 73 StaRUG.

Er soll grundsätzlich überwachen, dass das Restrukturierungsverfahren ordnungsgemäß betrieben wird. Er kann – ähnlich einem Sachwalter oder Insolvenzverwalter – vom Gericht mit weiteren Aufgaben, wie etwa der Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, der Entgegennahme eingehender Gelder o.ä. betraut werden. Der Restrukturierungsbeauftragte erstattet dem Gericht Bericht und ist damit vergleichbar dem Sachwalter im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Eine Bestellung auf Antrag des Schuldners oder von mindestens 25% der Gläubiger (entscheidend sind hier die Stimmrechte und damit die Höhe der Forderungen, § 27 StaRUG) ist weiterhin möglich, allerdings setzt der Gläubigerantrag voraus, dass diese sich gesamtschuldnerisch zur Kostentragung verpflichten. Erfolgt die Bestellung fakultativ, sind auch die Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten abweichend: In diesem Fall soll er zusätzlich den Schuldner bei der Erstellung des Restrukturierungsplans und den notwendigen Verhandlungen mit den Gläubigern unterstützen.

6. Bestellung eines Sanierungsmoderators

Neu im StaRUG ist die Möglichkeit, einen Sanierungsmoderator bestellen zu lassen. Dieser soll zwischen dem Schuldner und den Gläubigern vermitteln und bei der Lösung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten unterstützen.
Im Regelfall wird man wohl davon ausgehen können, dass der das Unternehmen begleitende Sanierungsberater diese Rolle übernimmt, so dass für einen Sanierungsmoderater nur in den Fällen Raum sein wird, in denen die Gläubiger dem Schuldner und/oder dessen Berater nicht vertrauen oder in den vermutlich seltenen Fällen, in denen der Schuldner den Restrukturierungsplan selbst erstellt hat.

 

Fazit und Folgen für die Praxis

Es bleibt zu hoffen, dass allein die Schaffung dieses neuen Restrukturierungsverfahrens und dessen offensives Publikmachen eine Sogwirkung bei allen Unternehmen erzeugt, sich spätestens jetzt mit dem Zustand ihres Unternehmens und der Frage der Zukunftsfähigkeit zu befassen. Auch wenn das vorgesehene Restrukturierungskonzept für KMU kaum zu bewältigen sein dürfte, kann das Inkrafttreten des StaRUG den Anstoß zum zeitnahen Handeln geben.

Gerade auch in der aktuell für viele Branchen schwierigen Situation sollten Unternehmen jederzeit über eine plausible Unternehmensplanung verfügen, um frühzeitig Fehlentwicklungen erkennen zu können. Besteht bereits eine – eventuell Corona-bedingte – Krisenlage im Unternehmen, tut jeder Geschäftsführer gut daran, frühzeitig die Restrukturierung in die Wege zu leiten. Ob dann die Einleitung eines präventiven Restrukturierungsverfahrens im Einzelfall sinnvoll ist, lässt sich entscheiden, wenn die Krisenursachen und auch die wesentlichen notwendigen Maßnahmen zur Krisenbewältigung erkannt sind. Die Alternative der bisherigen außergerichtlichen Sanierung bleibt daneben weiterhin bestehen.

 

Weitergehende Informationen und Fragen

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