Neue Anforderungen an Unternehmen bei der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern

 

Am 21.10.2016 hat der Bundestag die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsrechts (Quelle: Bundestagsdrucksache) verabschiedet.
Die Neuregelungen werden zum 01.04.2017 in Kraft treten und haben weitrechende Folgen für Verleiher ebenso wie für Entleiher und die betroffenen Arbeitnehmer.

Wesentliche Änderungen

Anpassung der Überlassungshöchstdauer
Nach der Neuregelung darf ein Arbeitnehmer bei einem Entleiher nicht länger als 18 Monate tätig sein. Hier ist darauf zu achten, dass diese Höchstgrenze personenbezogen gilt. Wenn mithin ein Arbeitnehmer zunächst bei dem Überlassungsunternehmen A und später bei einem anderen Überlassungsunternehmen B, aber immer bei dem Entleiher C tätig ist, sind die Zeiträume A und B zu addieren. Dies stellt die Entleiher vor die bürokratische Hürde darauf zu achten, dass ein Leiharbeitnehmer unabhängig von seiner Anstellung mit Ablauf der 18-monatigen Höchstdauer nicht weiter beschäftigt werden darf. Es ist zu empfehlen, dass die Entleiher entsprechende Dokumentationen erstellen und aufbewahren, aus denen sich die Identität des Leiharbeitnehmers zweifelsfrei ergibt.
Wird die Entleihfrist überschritten, drohen dem Entleiher nicht nur Bußgelder in nennenswerter Höhe, darüber hinaus geht das Anstellungsverhältnis des Leiharbeitnehmers automatisch auf den Entleiher über.

Equal Pay
Daneben wurde nunmehr auch eine Neuregelung zur Bezahlung von Leiharbeitnehmern im Vergleich zu den eigenen Arbeitnehmern des Entleihers getroffen:
Nunmehr müssen die Leiharbeitnehmer spätestens nach 9 Monaten in gleicher Höhe vergütet werden wie vergleichbare eigene Mitarbeiter des Entleihers. Diese Frist kann zwar auf maximal 15 Monate verlängert werden, allerdings muss in diesem Fall eine stufenweise Anpassung an die Vergleichslöhne erfolgen, die spätestens 6 Wochen nach erstmaliger Entleihung zu beginnen hat.
Als vergleichbare Arbeitnehmerentlohnung gilt zunächst die tarifvertraglich vorgegebene Entlohnung, alternativ – bei nicht tarifgebundenen Unternehmen wird auf den entsprechenden Branchentarif zurückgegriffen. Unklar ist aktuell noch, ob diese Regelung auch dazu führen kann, dass die eigenen Mitarbeiter schlechter (weil unter Tarifvertrag) bezahlt werden als die Leiharbeitnehmer (wegen der Vorgabe zur Equal-Pay-Zahlung in Höhe des tarifvertraglichen Entgelts).

Formale Anforderungen an die Vertragsgestaltung
Eine weitere Änderung, die vor allem auch einen bürokratischen Mehraufwand erfordert, ist die Pflicht, den Leihmitarbeiter in den Verträgen zwischen Entleiher und Verleiher namentlich zu benennen. Diese Pflicht gilt unabhängig von der Frage, ob der Entleiher einen Leiharbeitnehmer anfordert oder – etwa für ein Großprojekt – eine Vielzahl von Leiharbeitnehmer, die er lediglich durch bestimmte Qualifikationsanforderungen spezifiziert.

Beteiligung des Betriebsrats
Neben den vorgenannten Änderungen, die sich ausdrücklich nur auf die Leiharbeitsverhältnisse beziehen, hat die gesetzliche Neuregelung auch zu einer deutlichen Ausweitung der Informationsrechte des Betriebsrates geführt: Dieser ist ab Inkrafttreten der gesetzlichen Änderung auch bei Personen, die zwar für das Unternehmen tätig sind, aber nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen hinsichtlich des zeitlichen Umfangs, des Einsatzortes und der Arbeitsaufgaben zu unterrichten. Besondere Brisanz dürfte die Regelung enthalten, nach der der Betriebsrat das Recht auf Einsicht in diese mit diesen Personen geschlossenen Verträge erhält.

Rechtliche Folgen von Verstößen gegen die vorgenannten Vorgaben
Im Falle einer Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers über die gesetzliche Höchstdauer hinaus entsteht – ebenso wie bei der Entleihung ohne eine entsprechende Arbeitnehmerüberlassungsgenehmigung des Verleihers – automatisch ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher. Gleiches gilt sogar für die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, die in dem Vertrag mit dem Verleiher nicht namentlich benannt sind.
Zwar hat der Leiharbeitnehmer das Recht, diesem gesetzlichen Vertragsübergang zu widersprechen, diesen Widerspruch muss er allerdings persönlich bei der zuständigen Arbeitsagentur erklären, was zu zusätzlichem erheblichem Bürokratieaufwand führen wird.
Daneben kann gegen das entleihende Unternehmen für jeden Fall des Verstoßes ein Bußgeld verhängt werden.

Folgen für die Praxis
In der Praxis werden die Neuregelungen zu erheblichem bürokratischem Mehraufwand sowohl bei dem Ver- als auch bei dem Entleiher führen. Fehler der Vertragsgestaltung oder auch Überschreitungen der Beschäftigungshöchstgrenzen haben für die Entleiher massive rechtliche und wirtschaftliche Folgen. Daher sind aktuell besonders strategische Überlegungen zum Einsatz von Leiharbeitnehmern notwendig.
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